Monday, November 12, 2007

Die neue Flexibilität

ich muss schon sagen, ich bin überrascht. es gibt ja immer so einen zeitpunkt im leben, wo man meint, nichts könnte einen mehr wirklich erstaunen. aber das durchlesen mehrerer stellenangebote für praktika hält einem den spiegel der gesellschaft vors auge. wo früher im absatz über die an die sich bewerbende person gerichteten erwartungen und voraussetzungen für die stelle unverzichtbar immer das wort "flexibilität" und eigentlich auch "teamfähigkeit" stand, sind diese beiden worte nun offenbar inzwischen eher in den hintergrund geraten, statt dessen lautet das neue wort: "Genderkompetenz". mich als sowi-studentin trifft das natürlich hart. denn als sowi-studierende person kommt man am gefürchteten semesterkurs namens gender, geschlechterbeziehungen etc ja nicht vorbei. aber sicherlich gehört mehr dazu als einen kurs zu belegen, um diese gewisse kompetenz zu besitzen. erstmal: was ist das überhaupt? wenn man das wort googelt, so wie ich, dann fällt man von einem schrecken gleich in den nächsten: es gibt nämlich sogar ein Genderkompetenz-Zentrum .. und wo? natürlich in berlin! natürlich.
zitiert aus dem absatz über gender kompetenz: "Gender-Kompetenz ist die Fähigkeit von Personen, bei ihren Aufgaben Gender-Aspekte zu erkennen und gleichstellungsorientiert zu bearbeiten. Gender-Kompetenz ist eine Voraussetzung für erfolgreiches Gender Mainstreaming. Gleichzeitig wird durch die Umsetzung von Gender Mainstreaming neue Gender-Kompetenz erzeugt. Gender-Kompetenz setzt sich aus den Elementen Wollen, Wissen und Können zusammen."
abgesehen davon, dass in diesem kleinen absatz das wort "gender" sehr eloquent ganze 7 mal verwendet wurde, und das innerhalb von vier sätzen, ist man auch schon allein vom inhalt verwirrt. ist genderkompetenz also etwas, was man als frau sowieso schon besitzt? bei geburt mitgeliefert? ich muss mir also gar keine gedanken machen? wie die zeiten sich verändert haben. nun muss man sogar als frau beweisen, dass man für die gleichstellung von mann und frau ist! der mann könnte ja benachteiligt werden.. möglicherweise dürfen firmen ihre stellenanzeigen gar nicht mehr ohne diese anforderung abdrucken und veröffentlichen.
wie gehen wir mit dieser neuen bedrohung um? mit dieser schier dreisten infragestellung unserer gedanklichen position gegenüber gleichstellung?
was mich viel mehr interessiert, ist, ehrlich gesagt, wie viele von euch gerade nachgezählt haben, ob das wort gender tatsächlich 7 mal vorkam..

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